"Bilde dich selbst, und dann wirke auf andere durch das, was du bist." WILHELM VON HUMBOLDT
Eine Lesung mit der tschechischen Schriftstellerin Radka Denemarkova aus ihrem Roman
Mit dem Roman „Stunden aus Blei“ hat Denemarkova eine wütende Anklage gegen die chinesische Diktatur geschrieben. Sie hat ein Panorama von Haltungen zur Diktatur mit der Konfrontation von Moral und Macht verbunden: Tschechen jagen im kommunistischen Reich der unbegrenzten Wirtschaftsmöglichkeiten dem Geld hinterher, eine junge US-Amerikanerin genießt naiv-hedonistisch Körper und Mode, der Diplomat ist feige. Nur ein chinesischer Freund der Schriftstellerin widersteht; er ist sanft, aber unbeugsam.
Kaum eine Figur trägt einen Eigennamen. Als Freund, Anwalt, Diplomat, Botschafter, junge Chinesin, Mutter, Programmierer sind sie Funktion. Über der Szene fliegen Vögel, und ein tausendjähriger, orangefarbener Kater namens Pommerantsch behauptet, die Schriftstellerin sei seine Figur.
In dieser traumartigen, auch surrealen Atmosphäre fordern Geheimdienstler in grauen Anzügen drohend Respekt für die chinesische „Realpolitik“ - ein einst, so heißt es unmittelbar darauf, im nationalsozialistischen Protektorat Böhmen und Mähren üblicher Terminus für ein „erträgliches“ Maß an Terror.
Mit solchen Montagen begegnen uns im Roman wiederholt Vergleiche zwischen China und Tschechien, dem Heute und Damals unter kommunistischer Herrschaft oder deutscher Okkupation.
Mit „Stunden aus Blei“ hat die renommierte tschechische Schriftstellerin Radka Denemarkova nach den bisherigen Romanen „Ein herrlicher Flecken Erde“ (2009) oder „Ein Beitrag zur Geschichte der Freunde“ (2019) ein weiteres Mal ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, bedrückende Realitäten in einer unverwechselbaren Sprache unter die Lupe zu nehmen.
Fon 039325 223 59
Wann? Donnerstag, 5. Dezember, 19:00 - 20:30 Uhr
Wo? Kleine Synagoge Erfurt, An der Stadtmünze 4
Moderation: Wolfram Tschiche